Artenvielfalt statt Insektensterben

Früher musste man nach einer langen Autofahrt in den Urlaub erst einmal die vielen Insekten von der Windschutzscheibe wischen. Doch diese Zeiten sind schon lange vorbei. Aktuelle Untersuchungen bestätigen ein dramatisches Insektensterben: Seit den 80er Jahren sind 80 Prozent der Insektenbiomasse verschwunden. Uns droht der „stumme Frühling“ ohne Bienen, Hummeln und Käfer, die auf den Wiesen und Feldern summen. Und das ist eine der größten Umweltkatastrophen unserer Zeit.

Ackergifte, Insektensterben und die Folgen

Wenn die Insekten sterben, hat das schreckliche Folgen: Vögeln und anderen Tieren fehlt die Nahrung. Wildbienen und andere Insekten fehlen bei der Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen.

„Die Zahl der Vögel auf landwirtschaftlichen Flächen hat sich seit den 1980ern halbiert. 95% der Wildbienen sind seitdem verschwunden. Eine Hauptursache: Der massive Einsatz von Pestiziden. 35.000 Tonnen wurden 2015 in Deutschland auf Feldern, Weinbergen und Obstplantagen gespritzt – ein Drittel mehr als 1994.“

Pestizide, Monokulturen und andere Folgen der industriellen Landwirtschaft verursachen das Insektensterben und bedrohen auch andere Tiere: Der Lebensraum für Hasen, Igel und Vögel wird immer weiter zerstört, dadurch finden sie auch weniger zu fressen. Denn dort, wo aus Landwirtschaft eine regelrechte Agrarindustrie geworden ist, vergiften Unmengen an Unkrautvernichter und Gülle den Boden und das Grundwasser, werden Hecken und Bäume gerodet und Wiesen in eintönige Maisfelder umgewandelt.

Fünf Gründe, warum wir die Artenvielfalt bewahren müssen

  1. Weil es um die Zukunft unserer natürlichen Lebensgrundlagen geht: Um gesunde und fruchtbare Böden, sauberes Wasser, biologische Vielfalt. Nur wenn wir achtsam mit der Natur umgehen, sichern wir ein gutes Leben für uns, für unsere Kinder und Enkel – für Menschen in allen Regionen der Erde.
  2. Weil es ohne Insekten keine bestäubten Pflanzen gibt. Bienen produzieren nicht nur Honig, sondern sie und andere Insekten bestäuben Obstbäume und andere Wild- und Kulturpflanzen. Nur so können diese sich fortpflanzen. Bienen und Hummeln machen das gratis – da ist es doch das Mindeste, dass wir sie schützen. Wir müssen das Insektensterben aufhalten, um das biologische Gleichgewicht zu retten.
  3. Weil es um gesundes Essen geht. Der Verzicht auf Pflanzen- und Insektengifte sowie Unmengen von Gülle sorgt für sicherere und gesündere Lebensmittel und weniger Nitrat im Trinkwasser.
  4. Weil eine regionale Landwirtschaft einen Mehrwert für uns alle hat. Die Bäuerinnen und Bauern vor Ort leisten, was Agrarmultis nicht tun können: Sie tragen maßgeblich zum Erhalt alter Kulturlandschaften bei. Das Bewirtschaften von Magerweiden oder Streuobstwiesen schützt auch die biologische Vielfalt.
  5. Weil unsere Enkel Hase und Igel nicht nur aus der Märchenstunde kennen sollten. Noch haben wir die Möglichkeit, die Lebensräume vieler Tiere und Pflanzen zu schützen und dafür zu sorgen, dass sie nicht aussterben.

Was wir Grüne tun

Regionale Landwirtschaft stärken. In Baden-Württemberg haben wir Grüne in der Landesregierung bereits einiges erreicht. Wir unterstützen unsere baden-württembergischen Bäuerinnen und Bauern, die mit ihren hochwertigen regionalen Lebensmitteln Genuss und Nachhaltigkeit verbinden und unsere Kulturlandschaften erhalten. Wir fördern den Ökolandbau, um die natürlichen Ressourcen zu schonen und die steigende Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln zu bedienen. Eine Landwirtschaft im Einklang mit der Natur ist unser Ziel.

Artenvielfalt bewahren, Pestizide verringern. 2.300 Tonnen Pestizide werden pro Jahr in Baden-Württemberg ausgebracht, hat der NABU jetzt herausgefunden. Für uns gilt deshalb: Pestizide reduzieren – so schnell wie möglich! 2018 haben wir im Land das Sonderprogramm für den Erhalt der biologischen Vielfalt aufgelegt. Mit 36 Millionen Euro wirken wir dem Insektensterben und dem Verlust der Biodiversität entegen: Wir unterstützen und beraten Landwirt*innen dabei, auf ihren Flächen die biologische Vielfalt zu schützen. Wir fördern die Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln und den Umwelt- und Klimaschutz in der Landwirtschaft. Wir schützen Moore, Biotope und Naturschutzgebiete und vernetzen natürliche Lebensräume. Auch Grundlagendaten über bedrohte Tierarten wie Insekten, Vögel und Fledermäuse sowie bedrohte Lebensräume werden erhoben.

Global denken, lokal handeln. Es gibt bereits viele pestizidfreie Kommunen in Baden-Württemberg. Städte wie Freiburg, Heidelberg, Singen oder Konstanz haben Vorbildcharakter. Grüne vor Ort setzen sich erfolgreich für umweltfreundliche Alternativen zum Pestizideinsatz ein. So hat vor Kurzem Bad Dürrheim auf grüne Initiative den Startschuss für das Artenschutz-Projekt „Bad Dürrheim blüht auf“ gegeben. Mit dabei sind neben der Verwaltung Landwirte, Imker, Naturschutzverbände und örtliche Unternehmen: Der Bauhof pflanzt Dauergrün und bewirtschaftet städtische Wiesen extensiv, der BUND baut mit dem Generationentreff Insektenhotels, Gartenbesitzer*innen werden beraten, wie sie zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen können – und vieles mehr.

Drei Forderungen an die Bundesregierung und die EU

Die EU und die Bundesregierung müssen endlich ihre Hausaufgaben machen, damit wir das Artensterben stoppen! Unsere grünen Forderungen für den Erhalt der Artenvielfalt:
> Den Einsatz von Glyphosat beenden.
Glyphosat ist das am häufigsten benutzte Pflanzengift. Unklar ist, ob es Krebs erregt – sicher ist, dass es „Unkräuter“ vernichtet und somit Nahrung und Lebensraum für Insekten zerstört. Die EU muss es endlich verbieten – und die schwarz-rote Bundesregierung ihre Blockade aufgeben.
> Radikale Insektenkiller wie u.a. Neonikotinoide sofort verbieten.
> Mit Fördergeldern regionale und nachhaltige Landwirtschaft fördern statt die Agrarindustrie.

Fünf Ideen, was du für Artenvielfalt und gegen das Insektensterben tun kannst

  1. Bienenblumen pflanzen. Egal ob im Garten oder im Blumenkasten auf der Fensterbank – das geht wirklich überall. Denn auch in den Städten freuen sich Bienen und Hummeln über schmackhafte Blüten. Mach den Bienen ein leckeres Nahrungsangebot und erfreue dich an bunten Blumen und freundlichem Gesumm. Die passenden Samen gibt es im Bioladen oder der Gärtnerei deines Vertrauens und immer häufiger sogar im Supermarkt.
  2. Ein Insektenhotel bauen. Neue Mitbewohnerinnen gesucht? Mit einem selbstgebauten Insektenhotel finden die Wildbienen in deinem Garten den passenden Unterschlupf. Ob aus Ziegelsteinen, Bambuszweigen oder Holzscheiben – es ist gar nicht so schwer. Der NABU erklärt mit einem kurzen Video, wie es geht.
  3. Honig vom Imker aus der Nachbarschaft essen. Es gibt immer weniger Imkerinnen und Imker in Deutschland. Du kannst sie ganz direkt unterstützen, indem du Honig aus Deutschland kaufst.
  4. Saft von der Streuobstwiese trinken. Noch nie hat Artenschutz so gut geschmeckt! Streuobstwiesen sind eine wahre Schatzkiste der Artenvielfalt: Vögel, Insekten, Gräser, alte robuste Obstsorten. Aber sie erfordern einen hohen Einsatz. Mit Saft von baden-württembergischen Streuobstwiesen unterstützt du ganz direkt die Erzeuger*innen, die viel Energie in den Erhalt dieser einzigartigen Kulturlandschaften stecken.
  5. Aktiv werden. Du hast noch nicht genug? Ob bei den großen Natur- und Umweltschutzverbänden wie BUND oder NABU, beim lokalen Vogelschutzverein oder beim Guerilla Gardening in deinem Stadtviertel – es gibt zahlreiche Möglichkeiten, etwas für die Artenvielfalt und gegen das Insektensterben zu tun.

Quelle: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Baden-Württemberg