Gemeinderatssitzung vom 21.04.2021, die Erste 27. April 202127. April 2021 TOP 4: Machbarkeitsstudie Ortsumfahrung Oberacker, Gewerbegebietsanbindung Münzesheim-Gochsheim – Vorstellung des Studienergebnisses. Dr. Ing. Frank Gericke vom Büro Modus Consult aus Karlsruhe stellte die Studie vor, mit der er von der Gemeinderatsmehrheit im Juni 2020 beauftragt wurde. Dabei handelt es sich um die Überarbeitung der vorhergehenden Studie aus dem Jahr 2008. Sie wurde nun an die aktuelle „Richtlinie für die Anlage von Landstraßen“ aus dem Jahr 2012 angepasst. Im Anschluss an die Präsentation waren sich die Sprecherinnen und Sprecher von Freien Wählern, CDU und SPD (fast) einig, dass die Straßen nun unbedingt schnell so kommen müssen, um den Verkehr zu entzerren und die Gewerbegebiete zu entwickeln. Das „Rumgezicke“ solle beendet werden, ein Zuwarten steigere nur die Kosten. Auch das Durchqueren eines Naturschutzgebietes wurde gefordert, wovon Herr Gericke dringend abriet. Nach diesen Wortmeldungen sieht sich die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in ihren Eindruck bestärkt, dass von der Gemeinderatsmehrheit „eine Landschaft zum Durchatmen“ nicht gewünscht ist. Hier die Ausführungen unseres Gemeinderats Angelo Castellano: Das „Projekt B35 durch Kraichtal“ hat man schon erreicht. Man würde es mit der angedachten Planung noch weiter zementieren, und das Stückwerk nach dem Prinzip „St. Florian“ würde fortgesetzt. Die Fortschreibung der Machbarkeitsstudie war Mittelverschwendung; sie wurde daher bereits in den Haushaltsberatungen 2020 von uns abgelehnt. Leider hat es eine große Mehrheit im GR, wie auch am vergangenen Mittwoch wieder, anders gesehen. Bereits heute kommt man vom Abzweig der B35 bei Bretten über Kraichtal schneller und mit weniger Kilometern zur Auffahrt der A5 bei Kronau, als wenn man von diesem Punkt aus weiter über Bruchsal (B35 und A5) fährt. „Google Maps“ nennt jedem, der sich dafür interessiert, schnell die exakte Kilometerzahl und Fahrzeit. Die Abkürzung kommt zustande dank der Umgehungsstraße K3575 (Ubstadt-Weiher – Kronau), die S-Kurvenbeseitigung in Unteröwisheim etc. Eine weitere geplante Verbesserungen für den Straßenverkehr ist z. B. der Ausbau des Knotenpunktes B35/B293 bei Bretten/Abzweig nach Kraichtal. Mit dieser nun dargestellten Umfahrung Oberacker und Anbindung/Verbindung der Gewerbegebiete Münzesheim und Gochsheim würde es dann zwischen Pforzheim und Kronau noch schneller gehen, was weiteren Verkehr nach Kraichtal zieht. Dieser zusätzliche Verkehr fließt in die Prognose in Bezug auf die Verkehrszahlen nach der Schaffung der Straßen (siehe Plan 9 der Studie) nicht ein. Ebenfalls nicht berücksichtigt wurde ein weiter erhöhtes Verkehrsaufkommen aufgrund des stetig wachsenden interkommunalen Gewerbegebietes in Flehingen mit vielen Logistikern und das geplante eigene Supergewerbegebiet zwischen Münzesheim und Gochsheim, das mit diesen neuen Straßen erst möglich wird. Nun könnte man sagen, das sind doch alles Hirngespinste der verrückten Grünen. Aber alleine die sehr schön gerechneten Prognosen von Modus Consult hätten eigentlich jeden aus dem Sitz heben müssen. Denn im Vergleich zum Planfall 0 (siehe Plan 7 in der Studie) würden durch Münzesheim und Gochsheim gemäß Planfall 4a (siehe Plan 9 in der Studie) zusätzlich 2.800 Fahrzeuge am Tag gepumpt, und selbst im fernen Menzingen würden am gerade auf den Weg gebrachten Neubaugebiet Beim Friedhof zukünftig pro Tag 600 Fahrzeuge mehr vorbeifahren. Von der Entlastung von Oberacker hat keiner der Freien Wähler und der CDU als Vorteil gesprochen, sondern immer nur von Gewerbe, Gewerbe und nochmal Gewerbe. Die Gewerbesteuer sollte man nicht überbewerten, denn dafür handelt man sich auch Mehrkosten ein, wie z. B. den nun mehrere Millionen verschlingenden anstehenden Ausbau der Kläranlage aufgrund gewerblicher Abwässer. Warum planen wir so? Die Grundlage ist ein veraltetes Verkehrskonzept aus dem Jahre 2001. Außerdem enthält die Aufgabenstellung an das Büro Modus Consult den Fehler, dass nur bauliche Lösungen beschrieben werden sollten; letztere werden von der Gemeinderatsmehrheit als Allheilmittel gesehen, anstatt die Mobilität als System zu betrachten. Damit wurde der Verlagerungsansatz „St. Florian“ gewählt, anstatt eine Reduzierung der Kraftfahrzeuge insgesamt anzustreben. Daher lehnen wir alle Planungen und Maßnahmen, welche auf diesem „Dinosaurier-Konzept“ beruhen, konsequent ab und fordern, dass für ganz Kraichtal ein Mobilitätskonzept mit Bürgerbeteiligung wie z. B. in Bretten entwickelt wird. Dazu haben wir vergangenes Jahr die Teilnahme an zwei voneinander unabhängigen zukunftsweisenden Projekten beantragt. Im Rahmen des Projekts Klimamobil hätte man – bei 100% Förderung der Planung und 90% Förderung der Umsetzung – innerörtliche Lösungen z. B. für Unteröwisheim und Oberacker erarbeiten können. Die Gemeinderatsmehrheit war nicht bereit, dies anzugehen und hat die Anträge abgelehnt. Nun freuen sich andere Kommunen über das Geschenk. Für die damalige Sitzungsvorlage hat man so verzweifelt nach unverhältnismäßigen Kosten des Projekts gesucht, dass dort dann ein paar Brezeln und Wasser aufgeführt wurden. So etwas stand in noch keiner uns bekannten Vorlage unter Finanzierung.“ Angelo Castellano erntete spontanen Beifall aus dem Publikum für seine Rede, und auch ein SPD-Mitglied unterstützte seine Stellungnahme. Wer sich genauer mit der Studie befassen möchte, findet alle in der Sitzung gezeigten Unterlagen hier.
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