Haushaltsreden im Gemeinderat
Im Rahmen der Haushaltsdebatte werden traditionell von jeder Fraktion die sogenannten Haushaltsreden gehalten, die den vorgelegten Haushaltsentwurf der Gemeinde kommentieren und, im günstigen Fall, der Planung der Verwaltung zustimmen. Die Haushaltsreden der Kraichtaler Fraktionen und des Bürgermeisters wurden am 8. Februar 2023 gehalten und können auf dem YouTube-Kanal der Stadtverwaltung Kraichtal nachgehört und nachgesehen werden.
Althergebrachtes
Viel Neues braucht man jedoch nicht erwarten, es wurden größtenteils die altbekannten und altbackenen Zukunftsentwürfe aus der Zeit des Wirtschaftswunders der fünfziger Jahre herausgeholt und etwas entstaubt: Neue Baugebiete, noch mehr neue Baugebiete, neue Gewerbeflächen, noch mehr neue Gewerbeflächen und – man ist ja in der Kommune und nicht Vater Staat – statt Autobahn muss es eben eine Umfahrung sein, oder besser zwei, auch wenn der große Nachbar Bruchsal da nicht unbedingt mitspielen wolle. Und sonntags gibt es dann Torte, aber bitte mit Sahne.
Dass in Sachen Umwelt die Kuckucksuhren in Kraichtal anders ticken, ist inzwischen allgemein bekannt, und so verwundert es nicht, wenn von der größten Fraktion der Umweltschutz nur ein einziges Mal in Verbindung mit der Wasserversorgung erwähnt wird, die Freien Wähler und die SPD die vorgenannte Querspange fordern, zusammen mit dem Bürgermeister, der ansonsten von kurzfristigen ideologischen Irrungen und Verwirrungen spricht, die es zu überwinden gelte. Diese Äußerungen reihen sich nahtlos an die bereits beim Neujahrsempfang gestellten Forderungen an die Landtagsabgeordneten, „die Umsetzung des Bruchsaler Ostastes der B35 zu forcieren und sich nicht von Nebelfechtereien wie einer Untertunnelung Bruchsals, Flugtaxis oder Ähnlichem ablenken zu lassen“. Schöne Grüße nach Bruchsal an Oberbürgermeisterin Petzold-Schick.
Stellenwert von Klima- und Umweltschutz
Es ist jedenfalls nicht weit her mit den Bemühungen der Verwaltung, den Bereichen Umwelt und Klima im Haushalt mehr Mittel einzuräumen. Die Stelle der Umweltbeauftragten kam vor lauter Glasfaser-Anfragen nicht ihrem ohnehin schon sehr dürftig gesetzten 30%-Anteil ihrer 75%-Stelle nach, außer Kick-Off der Klimawerkstatt war da nicht viel. Das liegt, das sei hier betont, nicht an der Mitarbeiterin, sondern an der Bedeutung, die der Umweltschutz offenbar bei der Verwaltungsführung hat. Schnittmengen.
Es gibt aber auch Erfreuliches zu berichten, so ergeben sich bei einigen Themen über die Fraktionen hinweg durchaus Schnittpunkte mit den Grünen Ansätzen, an denen man weiter arbeiten kann; so fordert die SPD neben der Querspange zusätzlich eine Mobilitätswende, die die Umfahrung dann überflüssig mache. Auch von den Freien Wählern werden Forderungen laut, dass der Trend weg von Ein- zu Mehrfamilien-Wohneinheiten gehen muss. Außerdem soll der Ausbau der Photovoltaik auf öffentlichen Gebäuden und gegebenenfalls auf Freiflächen forciert werden. Dem stimmen wir voll und ganz zu.
Apropos PV auf öffentlichen Gebäuden: Seit Langem und bisher vergeblich fordern nicht nur die Grünen eine Aufstellung der Hinderungsgründe, warum dies noch nicht umgesetzt ist. Ebenfalls muss sich auch Kraichtal auf die Auflagen vorbereiten, die sich aus dem Klimapakt und aus den Vorgaben aus Land und Bund in naher Zukunft ergeben. Davon sieht man bisher aber noch nicht viel, bzw. nichts
Konsequenz
Bisher hat die Kraichtaler Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bis auf wenige Ausnahmen den Haushaltsentwürfen mal mehr, selten weniger, zähneknirschend zugestimmt, dabei aber immer der Hoffnung Ausdruck verliehen, dass man Besserung erwarte. Das hat jetzt ein Ende. Der Kipppunkt ist von hier aus schon zu sehen, der Haushaltsentwurf für Gegenmaßnahmen gänzlich ungeeignet, weil dem Umweltschutz zu wenig Bedeutung zugemessen wird. Damit ist dieses Zahlenwerk nicht zukunftsweisend, im großen Maße rückschrittlich, während die Heimat derweil verdorrt oder wahlweise überschwemmt wird.